Meyer, Karl Heinrich (1890-1945). Vergleichender Sprachwissenschaftler. Professor für Slawische Philologie in Königsberg. Während seines letzten Lebensjahrzehnts, ab 1935 bis 1945, war Meyer in Königsberg als Professor für Slawische Philologie tätig, wobei sein Elan als Forscher und Lehrer deutlich zutage trat. Hier, an der östlichsten deutschen Universität, hielt er Vorlesungen über den russischen Roman des 19. Jahrhunderts (1937 und 1944), über »Dostojewskij und Tolstoj« (1941), »Graf Lew Tolstoj« (1941-1942) und »Slawische Volkslieder« (1942-1943). Im letzten, abgebrochenen Semester der Albertina, dem Winterhalbjahr 1944-1945, unterrichtete Meyer Kirchenslawisch, historische Grammatik der russischen Sprache, Polnisch, las einen Kurs über polnische und bulgarische Literatur und über andere Themen. Wie bereits erwähnt, war seine letzte Vorlesung vor der Besetzung Königsbergs durch die Rote Armee Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij gewidmet.
Man sagt, Karl Heinrich Meyer sei »nicht von dieser Welt« gewesen. Er war der Annahme, daß die Russen nach der Einnahme der Stadt die Universität erhalten und ihn, Meyer, einen Fachmann für russische Sprache und Kultur, zum Rektor ernennen würden. Er blieb in Königsberg. Doch der Stadt und der Universität war ein anderes Schicksal bestimmt, und wohl kaum hat einer der Russen im April 1945 an die Wiederaufnahme der Arbeit der deutschen Albertina gedacht. Nach Angaben eines seiner Landsleute kam Meyer in ein sowjetisches Lager in der Nähe von Cranz, wurde aber bald entlassen. Eine Version lautet, daß er auf dem Weg vom Lager nach Hause am 4. Mai 1945 vor Erschöpfung starb. (Lawrynowicz 1999)