Stadtrundgang Petershagen
Station 08 - Hafenpark und Weserbrücke
Der Plan, den nördlichen Teil des Burggrabens zum Hafen auszubauen, geht auf das Jahr 1786 zurück. Hierfür hatte sich insbesondere Amtmann Möller eingesetzt. Der Ausbau sollte dem Amt Hafenzölle einbringen und den Ösperdurchbruch an der Nordseite der Stadt zum Burggraben hin trockenlegen. Der Kostenanschlag belief sich auf 1.500 Taler.
Seit dem 30-jährigen Krieg hatten die Befestigungen des Schlosses ihren Wert verloren. Die Hafenanlage erforderte die Beseitigung des Siels und die Tieferlegung des Grundwasserstandes in diesem Teil des Burggrabens. Dadurch wurden dessen westlicher Teil und auch der Ösperdurchbruch von selbst trockengelegt. Man führte die Hafenarbeiten 1793/94 aus.
In Berlin förderte Minister von Struensee den Ausbau und auch die Vlothoer Schiffergilde sprach ihr besonderes Interesse an der Anlage eines Hafens in Petershagen aus. Die Gilde sorgte für die „Fahrbarkeit“ der Weser von Vlotho bis Bremen, während die Schiffergilde von Hannoversch-Münden die Aufsicht über das obere Stück des Stromes führte. Beide Schiffergilden betrieben die Schifffahrt auf der Weser.
Gilden und auch einzelne Schiffer besaßen die zum Warentransport auf der Weser benötigten Schiffszüge, die man auch „Masten“ nannte. Eine Mast bestand aus dem 120 Fuß langen Schiffsbock (Bockschiff), dem 111 Fuß langen Hinterhang (Beischiff oder Anhänger) und dem 60 bis 70 Fuß langen Bullen (Bullschiff). Sie kostete etwa 1.900 bis 2.000 Taler und acht Schiffer bildeten die Besatzung. Beide Schiffer, die 1787 in Petershagen ansässig waren, besaßen eine komplette Mast.
Der Schiffstransport war damals noch recht umständlich. Am Unterlauf der Weser bediente man sich nur der Leinenzieher. Etwa 35 bis 40 starke Männer waren erforderlich, um einen Schiffszug stromaufwärts zu ziehen. Von Landesbergen an wurden dann stromaufwärts oft noch acht bis zwölf Pferde „zugespannt“. Die Leinenzieher zogen die Mast auf den so genannten Leinen- oder Leinpfaden aufwärts. Die Pfade sind heute noch vorhanden. In Petershagen führte der Leinpfad auf der gegenüberliegenden Weserseite entlang.
Ohne den unermüdlichen Einsatz von Bauingenieur Wilhelm Lange wäre heute hier vermutlich nichts zu sehen als bloße Landschaft. Denn nur ihm ist es zu verdanken, dass es die Weserbrücke von 1970 überhaupt gibt. Mitte der 1950er Jahre rüttelte Lange mit seiner Denkschrift „Iuvate, iuvate Petershagen!“ das bis dahin verschlafene und von der Politik vergessene Petershagen auf. Mit beispielloser Hartnäckigkeit trug Lange seine Gedanken bis in den Verkehrsausschuss des Bundestages. Schlussendlich mit Erfolg. Am neunten November 1970 wurde die Weserbrücke durch den damaligen NRW-Verkehrsminister Dr. Riemer eingeweiht. Die Politik drängte sich in den Vordergrund. Wilhelm Lange aber – wurde vergessen. Undank ist der Welten Lohn oder der Prophet gilt nichts im eigenen Land!
(Textbaustein von Dietrich Kloth)