1920 | Neubau des Amtsgerichts
Das Amtliche Mitteilungsblatt berichtet 1920 zusammenfassend über die Amtsgerichtlichen Neubauten in Petershagen: Zum Neubau des Amtsgerichts für zwei Richter, eines Gefängnisses für sieben Köpfe und eines Dienstwohnhauses für einen Richter hatte die Stadtgemeinde Petershagen einen etwa 33 ar großen Bauplatz an der Hauptstraße des Ortes unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Auf ihm hatten vier alte, für das Ortsbild sehr bezeichnende Fachwerkhäuser gestanden, die — im übrigen baufällig — dem Neubau zum Opfer fallen mußten. Um diesen Verlust nach Möglichkeit zu ersetzen, wurde der Neubau des Geschäftsgebäudes mit einem etwas reicher als sonst behandelten Vorbau und zwei seitlichen Dachaufbauten geziert, die äußeres Eichenfachwerk zeigen und ihm ein der niedersächsischen Ortschaft gut angepaßtes Gepräge geben. Eine gleiche Behandlung hat das später ausgeführte und sich daran anlehnende Amtsrichterwohnhaus erfahren.
Die Gebäudegruppe wurde 12 m hinter der Straßenflucht errichtet, damit die dort stehendeu prächtigen Kastanienbäume erhalten bleiben können, die der Bauanlage und dem Straßenbilde eine malerische Wirkung verleihen. Auch auf dem Bauplatze sonst vorhandene wertvolle Bäume sind geschont worden und haben Stellung des hinteren, die Gerichtsdienerwohnung und das Gefängnis enthaltenden Flügels beeinflußt. Das Gefängnis kann durch Verlängerung, das Geschäftsgebäude durch Überbauen des eingeschossigen Teils dieses Flügels und Vorlegen eines Flurs an der Nordwestseite erweitert werden. – Das Geschäftsgebäude und Gefängnis wurden im September 1912 begonnen und konnten schon vor Ausbruch des Krieges bezogen, das Richterwohnhaus dagegen erst in den Jahren 1915 und 1916 ausgeführt werden. Da der Platz für dieses sehr knapp war, mußte an Stelle der breiten Böschungen des das Grundstück nördlich abschließenden Ösperbaches eine 3 m hohe Ufermauer errichtet werden. Die Baukosten haben einschließlich der Bauleitung rund betragen: für das Geschäftsgebäude und Gefängnis 98 600 Mark, für die dazugehörigen Nebenanlagen 14 700 Mark, für die dazugehörigen Einrichtungsgegenstände 9800 Mark, für das Richterwohnhaus 37 000 Mark, für die dazugehörigen Nebenanlagen, insbesondere die Ufermauer 6000 Mark, zusammen 166 100 Mark. Auf die Höhe der Beträge zu 4 und 5 haben die gesteigerten Arbeitslöhne und Baustoffpreise erheblichen Einfluß ausgeübt.
Im Ministerium der öffentlichen Arbeiten gefertigte Entwurfsskizzen haben die Grundlage für die Ausführung gegeben. Sie war dem Vorstand des Hochhauamts in Minden, Baurat Quast, unter der Oberleitung des Geheimen Baurats Zeuner in Minden übertragen worden. Beim Geschäftsgebäude lag die örtliche Leitung in den Händen des Regierungshaumeisters Küntzel, dem nacheinander die Regierungsbauführer Hafer und Adamczewski heigegeben waren.
Literaturangabe: Schultze Friedrich; Bergius, Richard: Neue Gerichts- und Gefängnisbauten in Preußen. Zentralblatt der Bauverwaltung. Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Berlin, 14. Februar 1920. 40. Jahrgang, S. 77-82.